Kritik an Nationaler Tourismusstrategie

Der Ausschuss für Tourismus des Deutschen Bundestags lud am 27.4.2022 zu einer öffentlichen Anhörung zum Thema „Nationale Tourismusstrategie“ ein. Unter den fünf eingeladenen Sachverständigen befand sich Prof. Dr. Wolfang Strasdas, Professor für Nachhaltiges Tourismusmanagement an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE). Er vertrat eine kritische Stimme zu Aspekten der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit im Tourismus.  

Unter Vorsitz von Jana Schimke (CDU/CSU) tagte das Gremium am 27.4.2022 rund anderthalb Stunden lang öffentlich. Ziel war es, die in der vorigen Legislaturperiode begonnene Nationale Tourismusstrategie weiterzuentwickeln. Fünf Sachverständige waren im Vorfeld gebeten worden, schriftliche Stellungnahmen abzugeben, und beantworteten dazu die Fragen der Abgeordneten.

Prof. Strasdas bezog sich in seiner Stellungnahme vornehmlich auf Aspekte der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit von Tourismus, die seiner Meinung nach in der Nationalen Tourismusstrategie nur sehr vage oder gar nicht angesprochen werden. So fehle beispielsweise die Erwähnung des Lieferketten-Sorgfaltspflichtengesetzes. Dieses würde insbesondere in Ländern des globalen Südens negative Effekte eines ungesteuerten Tourismus entgegenwirken, da es deutsche Unternehmen mit in die Verantwortung nimmt, wenn es beispielsweise um die Wahrung von Menschen- und Kinderrechten geht.

Weiterhin merkte Prof. Strasdas an, dass es in der Nationalen Tourismusstrategie keine Bezüge zum Thema Biodiversität gebe, obwohl in Deutschland Freizeit und Tourismus von Expert*innen als bedeutende Risikofaktoren für die Artenvielfalt angesehen werden: „Umweltverträglichkeitsprüfungen für touristische Bauvorhaben in sensiblen Gebieten, eine biodiversitätsfreundliche Gestaltung von Gebäuden und Außenanlagen sowie konsequentes Besuchermanagement in Schutzgebieten sind zentrale Instrumente, die Eingang in die Nationale Tourismusstrategie finden sollten.“

Schließlich plädierte er dafür, Nachhaltigkeit im Tourismus messbar und damit überprüfbar zu machen. Dies könne in Form eines bundesweiten Indikatorensystems und einer staatlichen Dachmarke für Öko- und Nachhaltigkeitssiegel im Tourismus geschehen.

Insgesamt empfiehlt der Wissenschaftler, die Nationale Tourismusstrategie an den Sustainable Development Goals (SDG) der Vereinten Nationen zu orientieren, die auch für viele andere Politikbereiche der Bundesregierung maßgeblich sind.